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Ikebana

Die regelmäßige Beschäftigung mit der asiatischen Definition von Ästhetik, die in vielen Bereichen eine ganz andere Herangehensweise an Schönheit, Wertschätzung der Natur und der allgemeinen Wahrnehmung zulässt, führt unweigerlich auch am Feld des Ikebana vorbei.

Ikebana (jap.) wird definiert als die Kunst, Pflanzen, Zweige und Blumen in Linien und räumlichen Gebilden so zu arrangieren, dass der Gesamtheit des Gewächses Aufmerksamkeit geschenkt wird und gleichzeitig die Natur Raum auch in kulturell geschaffener Umgebung einnimmt. Ganz im Gegensatz dazu steht die westliche Interpretation des Blumensteckens, bei der fast immer der Fokus auf der farbenprächtigen Blüte liegt, die Zweige und Stiele nur als Bündel in einem Strauß zusammengefasst werden und meist als „unschöner“ Teil des Gebindes in einer Vase verschwinden. 

Besonders schön an der Tradition des Ikebana finde ich die meditative Variante „Kadō“, was übersetzt so viel heißt wie „der Weg der Blumen“. Sowohl der Lehrer als auch der Schüler in der Kunst des Kadō werden Kadōka genannt. Kadō gehört zu den Künsten des Zen, das Stecken und Arrangieren wird in meditativer Konzentration ausgeübt und kann so auch zu innerer Einkehr und achtsamer Bewusstseinswahrnehmung führen. Es geht hierbei also nicht um das Ergebnis des fertigen Blumenbildes, sondern um den Weg dorthin. 

Wollte man nun in der doch eher kargen Zeit des deutschen Februars also frische Blumen pflücken und arrangieren, wäre man mit bunten Blüten eher schlecht ausgestattet. Da lässt sich die japanische Schwestertradition weitaus ganzheitlicher und jahreszeitenunabhängig anwenden.

Dazu habe ich folgenden tollen Text entdeckt:

„Aus der inneren Stille heraus nimmt im Einklang mit der Natur etwas Gestalt an, was schlichte Schönheit auszudrücken vermag und gleichzeitig eine natürliche Harmonie oder Polaritäten sichtbar macht. Wir als Menschen sind Teil der Natur, wir spiegeln sie wider und sind gleichzeitig Ausdruck derselben Abfolgen von Leben und Tod. Der Blumenweg lehrt uns die Weisheit zu erkennen, die in der Natur, in uns selbst und in anderen liegt. Während wir uns im Kadō üben, lernen wir gleichzeitig wer wir sind.“
(Quelle: www.kado-ikebana.de/kado)

Wenn du Lust hast, versuche doch beim nächsten Mal, wenn du überlegst deine Wohnung neu zu dekorieren, einen anderen Blickwinkel einzunehmen und die Pflanzen so zu arrangieren, dass sie die Gesamtheit des Gewächses zeigen. Passend dazu gibt es als kleine Hilfestellung sogar passende Ikebana-Vasen, die meist eher flach und breit sind und viele verschiedene Möglichkeiten bieten zu stecken.